Besuch des OV in der Flüchtlingssiedlung

Club 402
Besuch in der Flüchtlingssiedlung

Am 9. November besuchte eine Gruppe von 8 Genossinnen und Genossen sowie zwei Gästen die Flüchtlingsunterkunft in der Regensburger Straße in Nürnberg. Dort werden die Bewohner von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der AWO betreut. Die Leiterin des Referates Migration und Integration der AWO, Martina Sommer, begrüßte uns und stellte uns als Gesprächspartnerin die Sozialpädagogin Gloria Brookman-Amissah vor. Diese berichtete ausführlich über die aktuelle Lage.

Derzeit sind in den Containerwohnung etwa 155 Personen in Familienunterkünften untergebracht und etwa 29 junge Männer als „unbegleitete Minderjährige“ in eigenen Wohncontainern. Jeder Wohncontainer enthält 4 Zimmer, 1 Kochgelegenheit, 1 Dusche und 1 Toilette. Eine Familie (mit bis zu fünf Kindern) teilt sich ein oder zwei Räume zum Schlafen und Zusammenleben. Für alle Bewohner stehen insgesamt sechs Waschmaschinen und Wäschetrockner auf dem Gelände zur Verfügung. Die Wäschetrockner sind derzeit defekt.

Die hier untergebracht sind, kamen über die zentrale Aufnahmestelle in Zirndorf. Bei einigen Bewohnern läuft gerade das Anerkennungsverfahren als Asylbeweber, bei anderen wurde die Anerkennung abgelehnt, sie werden „geduldet“. Nur wenige Bewohner sind als Flüchtlinge anerkannt. Sie dürften in eine Wohnung außerhalb der Unterkunft umziehen, wenn es geeigneten Wohnraum gäbe.

Die Bewohner erhalten als Regelleistung des Staates ein Essenspaket, dessen Inhalt sie mitbestimmen können. Darüber hinaus erhalten sie je nach Alter eine monatliche Pauschale als Taschengeld sowie Sachleistungen, etwa Gutscheine zum Kleidungskauf.

Herkunftsländer der hier lebenden sind vor allem: Irak, Iran, Aserbaidschan, Afghanistan, Somalia, Nigeria, Sudan und weitere Staaten. Die Flüchtlinge haben teilweise sehr lange Fluchtwege hinter sich sowohl von der Entfernung, als auch zeitlich. Manche haben mehrere Jahre gebraucht, um nach Deutschland fliehen zu können. Fluchtgründe sind Krieg, Verfolgung aus politischen oder religiösen Gründen, Hunger, Armut oder andere Beweggründe.

Viele Flüchtlinge haben keine gültigen Ausweispapiere. Das erschwert die Anerkennung, wenn das Herkunftsland und die Personendaten nicht korrekt ermittelt werden können.

Die Siedlungsbewohner werden von Mitarbeitern der AWO Nürnberg betreut. Diese helfen den Flüchtlingen in rechtlichen, medizinischen und organisatorischen Fragen. Sie gestalten Freizeitprogramme für die Kinder und Jugendlichen und sorgen für Bildungsangebote, vor allem Deutschkurse. Sie vermitteln Kinder in Tagesstätten und Schulen, oder helfen bei der Suche nach Ausbildungsplätzen. Wer allerdings keinen Identitätsnachweis hat, der kann auch keine Ausbildung absolvieren.

Gloria bedauert, dass auf diese Weise viele hochmotivierte und kreative junge Menschen der Gesellschaft verloren gehen. Sie befinden sich in einem Teufelskreis: wenn ihre Identität bestätigt wird, droht ihnen die Abschiebung, da sie keine Ausbildung und kein eigenes Einkommen haben.

Den Flüchtlingen in der Regensburger Straße geht es besser, als vielen anderen, da diese Wohnanlage von einem Wohlfahrtsverband betreut wird. In Bayern gibt es aber sehr viele Unterkünfte, die ohne Betreuung sind. Dort gibt es meist nur einen Hausverwalter, der sich um die technischen Dinge und die Essensausgabe kümmert. Mit ihren Problemen bleiben die Flüchtlinge allein.

Eine Sonderstellung nimmt der Club 402 ein, dessen Personal- und Sachkosten das Bayerische Sozialministerium finanziert und bei dem die Stadt Nürnberg die Kosten für die Räumlichkeiten übernimmt. Der Club 402 der AWO bietet vor Ort Freizeitangebote an und stellt Kontakte zu gleichaltrigen deutschen Jugendlichen her. Darüber wird das Erlernen der deutschen Sprache leichter. Beispielsweise nehmen die Club-Jugendlichen am jährlichen street-soccer-Turnier des Kreisjugendringes und Jugendamtes teil, erstellen mit der Evangelischen Jugend in Nürnberg einen Film oder gestalten mit den Falken zusammen ein Sommerfest.

Gloria kritisiert allerdings die Residenzpflicht, die es den Flüchtlingen verbietet, sich ohne Erlaubnis des Ausländeramtes außerhalb Bayerns zu bewegen. Somit haben die Jugendlichen keine Chance, Deutschland besser kennen zu lernen und an Angeboten außerhalb Bayerns teilzunehmen..

An Rückreise in das Herkunftsland denken die wenigsten. Sie würden in die gleiche Verfolgungssituation und Perspektivlosigkeit zurückkehren, da sich die Herkunftsstaaten kaum im positiven Sinne verändert haben. Oder sie scheuen die Rückkehr aus Scham, in der Fremde erfolglos geblieben zu sein. Für Rückreisewillige stehen allerdings über die Zentrale Rückkehrberatungsstelle, an der die AWO ebenfalls maßgeblich beteiligt ist, Hilfen bereit.

Norbert Schneider

Informationen zum Club 402 sind hier zu finden: CLUB 402

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